14.b) Teil 2: Zu groß, zu schwer, zu anspruchsvoll – gibt es so etwas wie ein 'natürliches Normalmaß' für uns Menschen?

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14.b) Teil 2: Zu groß, zu schwer, zu anspruchsvoll – gibt es so etwas wie ein 'natürliches Normalmaß' für uns Menschen?
Es geht hier nicht nur um Körpergewicht, sondern auch um die Ansprüche an das eigene Leben – darum, was man von sich selbst und von seiner Mitwelt erwartet. Wir sind weltmeisterlich im Genießen- und Haben-Wollen.

Der Preis ist hoch: Leibesfülle, zu große Wohnungen – verstopft mit dem angesammelten Besitz, von der Masse her gewaltige Fortbewegungsmittel, Verkehrslärm, verstopfte Straßen und gleichzeitig von Fahrbahnen zerfressene Siedlungsgebiete, riesige – der Natur entrissene versiegelte Wirtschafts- und Wohnflächen, mehr als jährlich 20 Tonnen Müll und Emissionen pro Einwohner – nicht zuletzt fast ständiger Zeitdruck auf der Arbeit und selbst in der Freizeit.

Lässt sich etwas erfühlen, was ein brauchbares, verträgliches Maß an diesen Dingen ahnen, sehen und herstellen lässt? Etwas Absolutes kann es nicht geben, wie die Formenfülle in der Natur zeigt. Aber vielleicht eine Richtschnur oder Orientierungshilfe?

Zweiter Teil einer ganz persönlichen Annäherung.

10. 2. 2014

Der erste Teil dieses Artikels behandelte bisher folgende Gebiete:
- Er begann in meiner ehemaligen Berufswelt, die auch der Start deiner Ausbildung war.
- Es folgte eine erste Abrechnung mit den aufgeblasenen Auswüchsen unserer westlichen Lebensweise;
- danach kam ein Abstecher in eine Welt, in der weitab vom hektischen westlichen Wirtschaftsleben ganz andere Lebensgrundlagen wie in einer scheinbar versunkenen Zeit vorherrschten – mit einem durchaus anspruchsvollen, abwechslungsreichen Lebensrhythmus.
- Ein Blick in das westliche Seelenleben versuchte, unsere Massenverirrungen nachfühlbarer zu machen – ohne sie dabei zu verteufeln, auch wenn meine Ausdrucksweise mit Klartext dabei nicht gerade zartfühlend war.

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(Grundbedürfnisse befriedigen: saubere Luft, gesunder Körper, Bewegung, Beschäftigung)

Beginne ich den zweiten Teil mit den Grundbedürfnissen - den biologischen und menschlichen. Sie sollen den Blick in dieser Thematik schärfen und das Urteil klären. Wohin kann die Reise gehen?

aus der Wikipedia:
„Grundbedürfnisse sind Bedürfnisse sehr hoher Dringlichkeit (auch im Sinne von globaler Gemeinschaft, Gesundheit und Sicherheit). Sie grenzen sich gegenüber den Existenzbedürfnissen nur durch Mangel, Unfähigkeit oder Unwillen ab, Gesundheit, Sicherheit zu erhalten und deren förderliche Gemeinschaft zu bilden und statt dessen weniger dringliche Luxusbedürfnisse für eine Elite zu organisieren. Die Befriedigung von Grundbedürfnissen des Menschen in diesem Sinne ist eine notwendige Voraussetzung für ein gesundes, zufriedenes und würdiges Leben.“

Bedürfnisse nach Dringlichkeit
In den Wirtschaftswissenschaften werden Bedürfnisse nach Dringlichkeit ihrer Erfüllung unterschieden.
Grundbedürfnisse (für ein möglichst nachhaltig gesundes Leben) umfassen die Bedürfnisse nach natürlich sauberer Luft, natürlich sauberem Quell-Wasser, Schlaf + Entspannung (durch Erholung, Ruhe {bedarf Geborgenheit}). Wohlwollen, Respekt + Geborgenheit + Partner bringen Kraft. Transparenz schafft Sicherheit + Orientierung + konsistente Freiheit und ermöglicht Selbstbestimmung. Unterkunft Wohnung/ Wohnen, Garten, Wald, Gewässer als gesunder Lebensraum (relativer Gestaltungsfreiraum) und eine Geborgenheit fördernde Gemeinschaft {Familie, Gemeinde,..} mit respektvollen Rückmeldungen (Feedback) zur Orientierung, fördern Gesundheit, wenn dazu gesunde Nahrung, Wärme (Kleidung), Bewegung + Heilung bei Krankheit (durch Gemeinschaft/ Partner, Orientierung, menschliche Hilfen wie Pflege, Fürsorge,.. + Heilmittel) und Privatsphäre für Innenschau, Selbstreflexion, Trauer,.. und inneres Ordnen + Planen gewährt werden und jede/r dazu entsprechend seinen Fähigkeiten beitragen kann und liebevoll, feinfühlig, freundlich darauf orientiert, gefördert und eingestimmt wird.
Existenzbedürfnisse sind (Abweichend von den Grundbedürfnissen) solche, die auch bei Mangel, in der Not noch realisierbar erscheinen oder selbst bei Strafe noch gewährt werden. Zum Beispiel ausreichende Nahrung und Wasser, Luft, Kleidung, Wohnraum, Beschäftigung (egal ob gesund), Bewachung, Intervention und Medikamente (egal ob gesund). Hier geht es nicht um ein möglichst nachhaltig gesundes Leben.
Luxusbedürfnisse umfassen die Bedürfnisse nach luxuriösen Gütern und Dienstleistungen (Schmuck, Auto etc.), auch wenn sie an anderen Stellen Not, Leid und Umweltfrevel fördern. Eine Grenze zur Begierde ist nicht vorhanden.
Kulturbedürfnisse beschreiben den Wunsch nach Kultur (Ästhetik, kreativem Ausdruck, Feiern, Herstellen innerer Konsistenz, Bildung, in Seminaren, Garten, Werkstätten, Kongressen, in der Natur, bei Ausflügen, Reisen, in Rückzugsräumen,..)

Es ist schon erstaunlich, dass in einer freien Enzyklopädie wie der Wikipedia indirekt eingeräumt wird, wie unmenschlich und maßlos das normale westliche Lebensniveau tatsächlich ist! Die Zusammenstellung erschien mir so gut brauchbar, dass ich sie trotz ihres Umfanges erst einmal vollständig übernommen habe.

Noch einmal etwas kürzer: Von höchster Priorität sind als Existenzbedürfnisse laut Wikipedia:
Atmung (saubere Luft)
Wärme (Kleidung, Unterkunft)
Trinken (sauberes Trinkwasser)
Essen (gesunde Nahrung)
Schlaf (Unterkunft, Ruhe und Entspannung)
Denen schließen sich weitere an, ohne die sich ein Mensch auf Dauer nicht seinen naturgegebenen Möglichkeiten entsprechend entwickeln oder einfach nicht in vollem Umfang 'artgerecht' entwickeln kann:
Wohnung, Geborgenheit, Privatsphäre
Zugehörigkeit, Partner, Respekt
Rückmeldung, 'widerspruchsfreie' Freiheit, Transparenz
Bildung, Ausdruck, Feiern
Aufgaben, Beschäftigung
Heilung bei Krankheit, Pflege, Fürsorge

Noch einmal Wikipedia:
"Luxusbedürfnis bezeichnet das Bedürfnis nach luxuriösen Gütern und Dienstleistungen. Sie können nicht generalisiert beschrieben werden, sondern hängen vom Stand der jeweiligen Gesellschaft ab. So kann in einer modernen westlichen Wirtschaft die internationale Mobilität bereits als Grundbedürfnis angesehen werden, in anderen Gesellschaften dagegen noch als Luxusbedürfnis. Farbfernseher und PCs können beispielsweise in Deutschland nicht gepfändet werden, da man sie als Grundbedürfnisse auffasst. Die Einordnung eines Bedürfnisses hängt stark von den Normen einer Gesellschaft sowie von den persönlichen Wertvorstellungen ab. Diese können sich über die Zeit stark wandeln. "

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(Luxusbedürfnis 'Reisen': Des Deutschen 'fünfte Jahreszeit')

Was du da gelesen hast, ist eine Relativierung der zuvor zitierten Beschreibung von Luxusbedürfnissen.
Etwas pointierter ausgedrückt gehören dann hierzulande Kühlschrank, Waschmaschine, Radio, Fernsehen, Tiefkühltruhe, Auto, Smartphone und PC zu den menschlichen Grundbedürfnissen. Man kann ohne sie nicht am normalen oder standesgemäßen gesellschaftlichen Leben teilnehmen.
Dem gegenüber gestellt die frühere Beschreibung der Wikipedia:
"Luxusbedürfnisse umfassen die Bedürfnisse nach luxuriösen Gütern und Dienstleistungen (Schmuck, Auto etc.), auch wenn sie an anderen Stellen Not, Leid und Umweltfrevel fördern. Eine Grenze zur Begierde ist nicht vorhanden."
Hier wird Klartext geredet – ohne Rücksicht auf das, was hier und heute bei uns als 'normal' betrachtet und bewertet wird. Hier wird ein anderer Maßstab angelegt, der einen globalen Charakter trägt, während zuvor große Rücksicht auf die Maßstäbe genommen wird, die eine jeweilige Kultur für sich als passend reklamiert.
Die maßlose Begierde als niederes menschliches Motiv – gepaart mit ihren Folgen Not, Leid und Umweltfrevel ist bei uns heute absolute Normalität. Wer das unverblümt ausspricht, bringt sich wohl in die Gefahr, zu hören zu bekommen: „Dann geh doch einfach zu den Unterentwickelten, die ohne all das leben müssen!“ Oder: „Dann zieh doch einfach in eine Hütte ohne Strom, Heizung und Toilette – ohne jede Kultur!“
So spricht man als dem Mobbing sehr naher Mitteleuropäer ohne jeden Skrupel. Du wirst einfach als Spielverderber wie bei bösen Schulhofspielen empfunden und behandelt. Respekt darfst du deshalb kaum erwarten, wenn du nicht gut überlegst, wo du so etwas äußerst.

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(Versinken wir fröhlich in den bunten Kugeln unseres selbst geschaffenen Kinderparadieses?)

Hierdurch vergrößert sich das Dilemma auf meiner Suche nach naturgerechten Grundbedürfnissen des Menschen:
An den mitteleuropäischen, nordamerikanischen und japanischen Maßstäben darf ich mich nicht orientieren. Die behaupten nach außen hin alle eine aufgeblasene und aufgeblähte Fassade, die somit auch das, was sie Grundbedürfnisse nennen, entsprechend aufblasen und aufblähen.

Darum noch einmal ein Blick zurück in die erste Aufzählung von Existenzbedürfnissen, die Grundbedürfnisse höchster Priorität sein sollen: Saubere Luft, reines Wasser, gesunde Nahrung, Ruhe und Entspannung.
Achtung! Sind das nicht Dinge, wo es auch hierzulande ordentliche Mängel gibt? Ist das denn wirklich bei uns für die absolute Mehrheit wirklich gegeben? Aus eigener Erfahrung kann ich das ohne Umschweife glatt verneinen.

Noch einmal Wikipedia:
"Wesentliche Grundbedürfnisse des Menschen lassen sich aus der Definition von biologischem Leben ableiten und verstehen:
- das Bedürfnis nach Entropieexport
- das Bedürfnis nach Energieaustausch mit der Umgebung
- das Bedürfnis nach Informationsaustausch
- das Bedürfnis, auf Reize aus der Umwelt zu reagieren
- das Bedürfnis nach Wachstum
- das Bedürfnis nach Selbstreproduktion, auch geistiger und kultureller Fortpflanzung
- das Bedürfnis nach stofflich- und energetischem Fließgleichgewicht mit der Umgebung. "

Hier wird es etwas einfacher, die Spreu vom Weizen zu trennen:
- Entropie ist Chaos, Müll, nicht mehr Benötigtes. Davon produziert jeder durchschnittliche Deutsche pro Jahr mehr als 20000 kg pro Jahr. Das merkt er nicht unmittelbar; es ist aber eine Tatsache.
Um unser 'normales Leben zu führen, produzieren wir massenhaft Chaos, das wir irgendwo in die Mitwelt 'exportieren' oder schaffen.
- Die menschliche Lebensweise hat bereits einen deutlichen Anstieg der Temperatur der gesamten Erdatmosphäre bewirkt. Klimaveränderungen mit Neigung zu zunehmend extremen Klimaerscheinungen haben die großen Versicherer unzählige Milliarden gekostet – Tendenz stark steigend. Klimaforscher sagen bei annähernd gleichbleibender globaler Entwicklung eine Zunahme um weitere 3 Grad voraus, die verheerende Folgen nicht nur für den Menschen und seine Lebensbedingungen auf der Erde mit sich bringen sollen.
Um unser 'normales' Leben führen zu können, pumpen wir kaum vorstellbare Mengen von Abwärme in unsere Umgebung.
- Unser Informationsaustausch ist schwer 'anbieterlastig': Wer genug Geld in Werbekampagnen stecken kann, der bedröhnt seine Mitwelt ungefragt mit diesem Informationslärm, der von Natur aus niemanden interessieren würde. Die Natur kennt Werbung in erster Linie bei der Findung von Fortpflanzungspartnern bzw. Fressopfern. Auch das globale Internet wird von professionellen Anbietern dominiert, die unglaubliche Datenmengen über die Interessen und das Such- wie auch Kaufverhalten seiner Nutzer sammeln und vermarkten.
In unserem normalen Leben erhalten wir massenhaft ungefragten Informationsmüll, der unsere Aufmerksamkeit und Zeit ohne jede legitime Berechtigung stiehlt. Diese fehlt vor allem für die Selbstorientierung, Selbstorganisation und Beziehungspflege. Stattdessen sollen wir kaufen und konsumieren.
- Unser natürliches Bedürfnis, auf Reize aus der Umwelt zu reagieren, wird grundsätzlich und vorsätzlich missbraucht, um uns von uns selbst abzulenken und unsere Selbstbestimmung zu untergraben – hin zu einem tüddeligen, in Komfort gebadeten 'Luxusmülleimer' für die Überkapazitäten der industriellen Produktionsbetriebe.
- Das natürliche Bedürfnis nach Wachstum muss unter solchen Vorzeichen automatisch fehlgeleitet werden. 'Richtig' leben tut ja nur der, der unentwegt kauft, genießt (d. h. seine Sinne berauscht bzw. benebelt) und verbraucht – ohne Rücksicht auf seine tatsächlichen aktuellen Bedürfnisse. Das führt nur zu Mengenwachstum, nicht aber zu qualitativem. Man tritt persönlich auf der Stelle, weil man nicht auf sich selbst besinnt ist.
- Mit der Selbstreproduktion ist das so eine Sache bei uns: Sie funktioniert nämlich nicht mehr so richtig, wo man so lebt wie wir. 8,4 Neugeborene pro 1.000 Einwohner im Jahr 2012: Das sollte ein absolutes Warnzeichen für unsere Kultur sein – scheint sie ihre eigene Zukunft doch selbst abzuschaffen!
- Das Bedürfnis nach stofflich- und energetischem Fließgleichgewicht mit der Umgebung ist ebenfalls ein extremes Spannungsfeld – erwartet doch jeder von seiner gesamten Mitwelt, damit auch von Mitmenschen 'alles' und möglichst sofort und mit geringerer Gegenleistung, als sie alle anderen verlangen. Das ist gelebte Globalisierung! Diese extreme Erwartungshaltung erzeugt enorme Spannungen zwischen Menschen und zwischen ihm und seiner biologischen wie auch unbelebten Lebensumgebung. Die Tendenz zur Absaugung und Auslaugung hin zu den größten Energiepotentialen bringt Verarmung, Auslaugung, Ausplünderung und Erschöpfung von geografischen wie auch biologischen und menschlichen Ressourcen mit sich. Wie soll da ein Gleichgewicht herstellbar sein können? Einfach unmöglich!
Nein, mit den westlichen Maßstäben lässt sich wahrlich kein Blumentopf gewinnen – auf meiner Suche nach naturnahen menschlichen Grundbedürfnissen bin ich da falsch.

Wir wurden eindeutig auf Luxusbedürfnisse hin getrimmt – mit der Verheißung, „der Kunde ist König!“ Beim Kaufen soll man sich mächtig und potent vorkommen, man soll wählen und bestimmen, wo massenhaft Kram zur Wahl ausliegt, was man mitnimmt und als 'Jagdtrophäe' nach Hause in die eigene Höhle zu seinen Lieben schleppt.
„Ich bin doch nicht blöd“ wirbt dafür, teure Elektroartikel auf Gratis-Pump zu kaufen, bevor die Mittel für einen Kauf überhaupt vorhanden sind. Ich soll also ein Tier in die Höhle tragen, das ich noch gar nicht erlegt habe! Blöd, wer das nicht durchschaut, aber der wirtschaftliche Erfolg der damit werbenden Kette zeigt eindrücklich, wie die sinnvollen Maßstäbe und Orientierung des durchschnittlichen Mitteleuropäers gründlich abhanden gekommen sind und wie wirkungsvoll die perfide Ansprache niedere Motivationen aus der Deckung zu locken versteht. Das Ergebnis:
Der angeblich 'nicht Blöde' ist das eigentliche Opfer in diesem tragischen Spiel. Er sorgt mit seinem Verhalten weit jenseits seiner echten Grundbedürfnisse in erster Linie für den wirtschaftlichen Erfolg der ihn mit seiner Dauerwerbung Überschüttenden.

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(Gibt es etwa so etwas wie ein Grundrecht oder Grundbedürfnis nach Werbung? Nach Irreführung? Machen die 'Großen auf dem Plakat wirklich etwas 'Tolles' zum Bewundern für Kinder?)

Wieso lässt man sich in unseren Breiten so etwas eigentlich ohne Gegenwehr gefallen? Warum dürfen uns Werbende jährlich mit durchschnittlich 33 Kilogramm Papiermüll befrachten, dessen Entsorgung schon eine gewisse Zeit kostet, die wir für uns selbst weit sinnvoller gestalten könnten?
Aber nein: Wir sollen uns doch wie die Hersteller und Vertreiber als Konsumenten und Verbraucher betrachten – alles andere ist doch überflüssig!
Die Dreistigkeit der großen Anbieter zwingt uns, ihre Verheißungen und Verlockungen allerorten und zu jeder Zeit – selbst in unserem Rückzugsraum, unserer Wohnung vorzufinden, als Wurfsendung, Werbemail, Fernsehspot.

Wie komme ich da heraus? Nicht umsonst habe ich recht früh meine Erfahrung auf der Alm im Tessin als junger Erwachsener geschildert. Da tickten die dort Lebenden und Arbeitenden ziemlich anders, während der Kulturknick aber im Tal längst stattgefunden hatte. Alles nur Folklore und überholt?

Wo liegt ein sinnvoller Kompromiss zwischen einer absolut naturverbundenen Existenzweise, wie sie indigene Völker leben und der aufgeblasen, gegen die Natur arbeitenden, die bei uns ganz als normal betrachtet wird?

Es ist nun an der Zeit, vor der eigenen Türe zu kehren:
Gehe ich also langsam vom Umland bis in die eigenen Mauern. Ich selbst lebe am Niederrhein und komme dort viel mit dem Rad herum. Der natürliche Reichtum liegt in den fruchtbaren Böden, die heute größtenteils auf zunehmend immer größeren Monokulturflächen industriell bewirtschaftet werden. Riesige Maschinen, oft von Subunternehmen
von Betrieb zu Betrieb wandernd, bearbeiten die Flächen hochspezialisiert. Kunstdüngereinsatz, Dung- oder Pilzsubstratdüngung oder gar Kompostausbringung aus großen Anlagen mit vielerlei deutlich sichtbaren Verunreinigungen und mehrfache Giftspritzungen sind die Regel.

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(keine Müllkippe: eines von vielen Detailbildern von einer Kompostladung auf einem Acker!)

Die Flächen zwischen kleinen Ortschaften wirken monoton und trist. Nur der weite Ausblick und schöne Himmelsfarben reizen in solchem Gebiet. Der Autofahrer sieht das kaum; doch wer zu Fuß oder mit dem Rad hindurch kommt, dem drängt sich dies auf. Zunehmend findet man hier auch auf den Feldern neue Tierfabriken – äußerlich meist neutrale Backsteinbauten mit großen Solardächern – nur erkennbar an den unvermeidlichen Futtersilos und großen Abluftkaminen für unzählige Tiere in diesen Massenlagern.

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(eine moderne Tierfabrik)

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(sieht so artgerechte Freilandhaltung aus? Das ist kein Ort vor dem Abtransport, sondern eine Freiland-Mastfläche - noch dazu in unmittelbarer Autobahnnähe!)

Was finde ich dort für mich und wie nutze ich das? Als Mensch mit viel Bewegung nutze ich zunächst die Verkehrsflächen und Grünflächen. Meinen Biohof besuche ich mit dem Rad, das als Verwandter des Autos auf dem Weg durch die Großstadt einen Teil des Weges auch die Autofahrbahn nutzen muss. Durch die große Wendigkeit des Rades kann ich ansonsten zumindest abschnittsweise Streckenabschnitte nutzen, die nicht intensiv-industriell-wirtschaftlich genutzt werden und dadurch die Sinne anregend ansprechen. Zu Fuß wären die Wegezeiten zu lang und mit dem Auto nicht nutzbar. Technik, wenn auch mit Muskelkraft betrieben, hilft hier, Defizite durch Ver-Nutzung auszugleichen.
Ich kenne einige Stellen, an denen ich zu passender Zeit Früchte, Nüsse und Kräuter ernten kann. Ich ziehe sie jedem Bioladenkauf vor.

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Persönlich kenne ich vier Biohöfe in meinem Umland, von denen drei Getreide und/oder Gemüse sowie etwas Obst erzeugen. Der vierte ist ein Milch- und Mastbetrieb.
Meine Wohnung ist ein 'kleines' Eigenheim mit etwa 85 Quadratmetern Wohnfläche, voll unterkellert und mit einem Kriechspeicher sowie mit Garage und Stellplatz. Hinzu kommt ein kleiner Garten, der noch nicht zubetoniert oder gegen Unkrautwuchs foliert ist. Das ist für zwei Personen ein höchst aufwändiges Wohnumfeld, wenn man es alleine bewirtschaftet, denn für die Pflege sind pro Person etwa 5 Wochenstunden (aufs Jahr gemittelt) anzusetzen. Macht pro Jahr gut 500 Arbeitsstunden. Wir genießen Haus und Garten – spüren aber auch die Arbeit. Hinzu kommt einiges, was ohne Fachkräfte nicht geht, da der Hausbau und die Haustechnik stark technisiert und spezialisiert ist. Das bringt dann hohe Kosten mit sich.
Hierauf lassen sich meine oben gestellten Fragen nach dem vorrangigen Nutzen eines menschlichen Grundbedürfnisses sehr wohl ansetzen. Im Hinblick auf einen erträglichen ökologischen Fußabdruck kann diese Behausung zu keinem wirklich guten Ergebnis führen.
Ich muss hier selbstkritisch festhalten: Meinem Verhalten nach behaupten meine Gattin und ich so etwas wie ein Grundbedürfnis nach 'standesgemäßem Wohnraum'. Diese Behausung schließt einen relativ umfangreichen Sachbesitz ein, der das Grundbedürfnis nach Schutz, Beschäftigung und Kontakt im Sinne eines Welt-Durchschnitts ganz sicher erheblich überschreitet.

Mein Auto – ja ich habe noch eines – ist ein 13 Jahre alter VW-Transporter, der zum Wohnmobil umgebaut ist. Im Alltag hat er meist Ruhezeit – seine Hauptnutzung sind auf Reisen ins norwegische Fjell (Hochgebirge). Er dient mir als Transportmittel und als Basisstation für Wanderungen und Radtouren. In diesen Landschaften gibt es nur wenige Menschen und neben geringer Weidewirtschaft und Holzwirtschaft noch etwas Nahtourismus aus dem tiefer gelegenen Umland. Ansonsten ist es abseits der wenigen Hauptrouten ruhig und landschaftlich abwechslungsreich. Hier kann der Geist 'fliegen' und die Seele aufatmen, während der Körper mit Freuden hart arbeitet, ohne sich dabei zu schinden oder zugrunde zu richten.

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(auf Radtour im norwegischen Hochland)

Problematisch ist halt das Automobil, das ich über 3000 Kilometer für eine Reise bewegen muss. Das sind um 220 Liter Diesel, die da trotz Rußfilter und Kat zu einer Abgasorgie von knapp 600 kg, überwiegend Kohlendioxid führen. Ebenso entstehen hohe Kosten für Wartung und Reparaturen; es gab sie für den Ausbau und nicht zuletzt besteht Bedarf nach einem Ganzjahres-Stellplatz. Das gute Stück löst sich in Zeiten des Nichtgebrauchs nicht in Luft auf.
Wohnung und Auto erscheinen demnach als meine umweltbelastendsten und schädlichsten Nutzungen im eigenen Jahreslauf. Der große Aufwand von Materialmasse begründet in beiden Fällen die Fragwürdigkeit dieser Grundmuster meiner Lebensführung. Hier habe ich bisher keine wesentliche Änderung in Aussicht. So sieht das etwas detaillierter aus:
Im Haus kann ich nur Energiesklavengebrauch minimieren, viel klimaneutral mit Holz heizen, Ökostrom nutzen, Chemie beim Putzen, Waschen und Renovieren meiden bzw. minimieren, Müll vermeiden und kompostieren. Es ist aber nicht abzusehen, dass in absehbarer Zeit ein Umzug in etwas wesentlich Kleineres möglich wäre. Dazu würde auch ein wesentlich kleinerer materieller Besitz gehören. Es gibt noch so vieles, von dem ich mich zuvor trennen müsste. Hier bin ich noch ziemlich stark ein Kind der aufgeblasenen westlichen Hamster-Kultur, obwohl ich seit Monaten dabei bin und mich immer wieder neu aufraffen muss, um wieder weitere 'Schätzchen' aufzugeben.
Das Auto wird vor allem bei Gebrauch umweltschädlich. Hier lassen sich allenfalls die Kilometer pro Jahr im Zaum halten, solange ich wie bisher nicht den Absprung davon schaffe. Immerhin bin ich von 25.000 über 15.000 auf inzwischen 9.000 Jahreskilometer heruntergekommen. Da ist also noch viel Luft 'nach oben' für mich. Nahe gelegene Urlaubsorte mit weniger 'Auslauf' könnten mir genügen, was den Bedarf unter 3000 Kilometer drücken könnte. Doch so bleibe ich den Mineralölfirmen und Straßenbaufirmen aus Auftraggeber (also letztlich Chef!!!) noch erhalten. Doch muss es überhaupt per Auto dorthin gehen? Zu Fuß oder mit dem Rad könnten doch auch gehen. Bisher kann ich mich noch nicht dazu durchringen.
Du siehst, auch in diesem Punkt bin ich noch stark Konsummensch. Ich kann die Finger einfach noch nicht davon lassen und behaupte für mich so etwas wie eine Art Grundbedürfnis nach dem faszinierenden Vehikel, das mir beinahe Flügel verleiht - für die scheinbar unbeschwerte Reise durch Raum und Zeit! Was hier zählt, ist nicht was ich darüber denke, sondern wie ich handele.

In Sachen Energiewende, Geldanlage, Müllvermeidung, Lebensmittelkauf, Ernährung, Mobilität aus eigener Muskelkraft im eigenen Umland bin ich schon auf einem recht guten Weg, da stets der Grundsatz zählt: nicht zum günstigsten Preis, aber mit möglichst wenig Aufwand und vor allem wenigen 'unerwünschten Nebenwirkungen' für mich und die gesamte Mitwelt.

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(vegan grillen)

Es gibt aber noch weitere Punkte, wo jeder besondere Ansprüche an seine Mitwelt stellt, die nicht so sehr im Fokus der Ökologiebewegung stehen. In meinem Falle sind das zum Beispiel finanzielle Ansprüche als Schwerbehinderter, die ich mit diesem Status geltend mache. Meine Autosteuer ist halbiert und ich habe einen Steuerrabatt – zusammen jährlich etwa 250 €. Das ist nicht die Masse, aber es ist einer von vielen Punkten, wo sich jeder von uns auf irgendeine Weise von anderen subventionieren lässt, weil dies so in unserem Sozialstaat verankert und nutzbar ist. Da ich ein leicht überdurchschnittliches Einkommen habe und wie man sieht, auch einen recht umfangreichen materiellen Besitz – das mag den meisten ganz normal und nicht unbescheiden vorkommen – doch im Zusammenhang mit meinem hier behandelten Thema ist es weit mehr, als denen zur Verfügung steht, die üblicherweise einen ökologischen Fußabdruck um die 2 Tonnen Kohlendioxidausstoß auskommen – ein Durchschnittswert, den heute Fachleute für die gesamte bestehende Weltbevölkerung als gerade noch tragbar angeben. Bei mir sind es um die 8 Tonnen. Da tröstet es nur ein wenig, dass ich damit schon leicht unter dem deutschen Durchschnitt liege. Ist immer noch viel zuviel.
Dann spiele ich noch regelmäßig Tischtennis im vereinsmäßig organisierten Wettkampfbetrieb, wenn auch auf unterster Leistungsklasse. Dafür werden Hallenräume benötigt, die gepflegt, renoviert, beleuchtet und vor allem geheizt werden müssen; Tischtennis ist ein typischer Wintersport mit Saison von September bis April. Alles das tragen finanziell nicht die Sportler selbst, sondern in erster Linie die Kommunen und damit die Allgemeinheit. Sicher ist, dass Sport Gesundheit fördert und somit auch im öffentlichen Interesse liegt. Doch muss dafür ein so hoher Aufwand betrieben werden? Muss ich von anderen die Bereitstellung dieser Infrastruktur erwarten? Das ist nicht minder fragwürdig als bei den sozialen Zuschüssen. Das gilt nicht nur für Bezieher überdurchschnittlicher Einkommen.
Ich bin kein Politiker, der sich Stimmen durch Wahlgeschenke 'kaufen' muss; darum kann ich solche Positionen aus dem Blickwinkel des wichtigsten Ökologie-Gesetzes heraus hinterfragen: Es ist das Gesetz der Sparsamkeit oder der knappen Ressourcen. Es gilt für alles Lebendige; das kann auch kein Politiker mit noch soviel Pathos und Nonchalance aufheben – auch keine vollmundige und verführerische Werbung Daran gibt es nichts zu 'drehen'; alle Lebewesen auf dieser Erde sind daran gebunden und haben die Folgen bei Nichtbeachtung bzw. Übertretung selbst zu tragen – notfalls mit Verlust ihrer Existenz.
Subventionieren lassen wir Westler uns allerdings nicht nur durch öffentliche Gelder – bei privatwirtschaftlichen langen wir ebenso gerne zu, wenn es etwas gratis zu holen geht:
Da sind z. B. die Konten, deren Führung ohne finanzielle Gegenleistung erbracht werden soll. Die kommen meist von großen Global Playern. Wir übersehen nur zu gerne, dass wir auf genau diese Weise ausgerechnet die wesentlich solider wirtschaftenden Volksbanken uns Sparkassen an die Wand spielen, die solcherlei Unsinn nicht mitmachen können, weil sie zahlreiche Filialen mit Personal und Kundenkontakt betreiben müssen. Sollen die auch noch virtuell werden und vom Erdboden verschwinden?
Da sind auch die Gratis-Maildienste, Suchmaschinen und 'soziale Netze': Schon wieder bestellen wir Musik, bezahlen sie aber nicht selbst! Ist es dann ein Wunder, dass die Betreiber dieser Plattformen gar nicht an unserem Wohl interessiert sind und vorrangig unsere Interessen berücksichtigen müssen – wenn unsere Einflussmöglichkeiten auf deren Eigenleben äußerst dürftig sind?
Mit diesem Es-darf-mich -nichts-kosten-Denken sind wir ganz 'Hauptschüler': Das sind in der Regel diejenigen, bei denen es für die 'höheren' schulischen Bildungswege nicht reicht, weil sie schon früh entmutigt und desillusioniert in der Wohlfühlsoße kleben bleiben. Doch sind die anderen hier etwa besser? Die nutzen all das einschließlich die sozial erodierenden Discounter ebenso wie ihre finanzschwächeren Mitmenschen aus 'tieferen' Bevölkerungsschichten. Sie sind in vielerlei Hinsicht aus dem gleichen Holz geschnitzt; sie organisieren in Führungspositionen halt nur den Unsinn und schauen dabei lässig auf die 'Blöden' herab.

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Muss ich das wirklich alles mitmachen? Ein Westler versucht eigene Wege abseits der Konsumwelt.)

Noch ein kleiner Ausblick, wie es aktuell bei mir weitergeht::
Ich beobachte mich immer wieder dabei, dass ich eher nach festen Zeiten esse als nur nach Hunger. Dabei ist mein Speiseplan relativ gleichbleibend, wenn auch abwechslungsreich. Die Essenmenge ist ziemlich konstant.
Auch dahinter steht eine typisch westliche Anspruchshaltung: Ich stelle schon vor Eintritt eines deutlich gefühlten Grundbedürfnisses nach Energie- oder Nährstoffbedarf sicher, dass dieser erst gar nicht entsteht - so als ob dies eine unwürdige Situation wäre. Ich weiß mich dabei in bester Gesellschaft; die meisten essen drei bis fünf Mahlzeiten pro Tag, zusätzlich die übliche Fernsehfresserei. Zwar komme ich mit zwei Mahlzeiten aus - doch benötige ich die in dieser Weise wirklich?
Das will ich in der nächsten Zeit ausprobieren, indem ich nur noch dann esse, wenn ich auch wirklich Hunger spüre. Bei den ersten Anzeichen von Sattwerden will ich nichts mehr zu mir nehmen. Da die nur 'leise' kommen, muss ich wachsam sein, um sie nicht zu überhören.
Ich gehe davon aus, dass sich mit diesem neuen Verhalten meine Essenmenge automatisch reduzieren wird. Um wieviel, das wird sich zeigen.
Beim Trinken ist mir dieser Schritt schon gelungen - Wasser als mein einziges Getränk 'reizt' eben nicht durch 'leckeren' Geschmack wie mein Brot, rohe Pestos, Kräuter, Wurzeln, Gemüse, Obst und Nüsse. Ich trinke nur dann, wenn ich deutlichen Durst wahrnehme.
Mein Belohnungssystem spricht auf Wasser nicht an, während es auf die schmackhaften Speisen sehr wohl reagiert und gewohnheitmäßig nach mehr verlangt, wie es die Urprogramme vorgeben. Doch es ist ja stets verfügbar - und so muss ich nicht auf Vorrat essen, sondern nur soviel, wie aktuell wirklich benötigt wird. Genau damit befriedige ich mein natürliches Grundbedürfnis; mit jedem Bissen mehr beginnt fließend die übliche Völlerei - siehe mein Vorspann zu diesem Beitrag.


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(wunderschön, aber üppig und jedes Grundbedürfnis eines Einzelnen sprengend - für eine Gruppe aber genau richtig)

Damit komme ich für heute zum vorläufigen Abschluss: Du hast einen längeren Weg geduldig mit mir zurückgelegt.
- Er begann in meiner ehemaligen Berufswelt, die auch der Start deiner Ausbildung war.
- Es folgte eine erste Abrechnung mit den aufgeblasenen Auswüchsen unserer westlichen Lebensweise;
- danach kam ein Abstecher in eine Welt, in der weitab vom hektischen westlichen Wirtschaftsleben ganz andere Lebensgrundlagen wie in einer scheinbar versunkenen Zeit vorherrschten – mit einem durchaus anspruchsvollen, abwechslungsreichen Lebensrhythmus.
- Ein Blick in das westliche Seelenleben versuchte, unsere Massenverirrungen nachfühlbarer zu machen – ohne sie dabei zu verteufeln, auch wenn meine Ausdrucksweise mit Klartext dabei nicht gerade zartfühlend war.
Die größte freie Enzyklopädie gab deutliche Bestätigungen der vorstehenden Analysen.
- Schließlich gab ich dir Einblicke in meinen eigenen Stand bei den Versuchen, nicht mehr ganz so dumm und mit ichverliebtem Scheuklappenblick durch den Alltag zu gehen, wie es mir die tägliche Gehirnwäsche meiner westlichen Lebensumgebung einzuhämmern versucht - auch wie es in naher Zukunft weiter geht. Schließlich braucht der Mensch Beschäftigung, Pläne, Aufgaben. Auch dies ist ein natürliches menschliches Grundbedürfnis. Es zu stillen verschafft ein Gefühl von echter Zufriedenheit und Lebensglück.

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Ich will hier nun nicht mehr damit anfangen, dir Vorschläge zu machen oder gar Richtlinien vorzugeben, wie ein gutes Sich-Kleiner-Machen in deinem Falle aussehen könnte oder auszusehen hätte. Dafür müsste ich in deiner Haut stecken und deine Lage bestens kennen. Dafür konnte ich aber von mir schreiben, denn jeder Mensch ist ja mit seiner Existenz auch ein Stück Spiegel für jeden anderen.
Was dich anspricht, anregt, dir neue Ideen gibt, das wirst du für dich aufgreifen und weiterspinnen. Was dich aufregt, berührt fast mit traumwandlerischer Sicherheit schwache Punkte bei dir. Da hake gerne bei mir nach und auch bei dir! Da könnte sich etwas aufbrechen lassen, was noch besonders starke innere Widerstände auf den Plan ruft.
Ganz zum Schluss noch einmal die Grundsatzfrage, die mich und dich stets an das heranführt, wo es in unseren westlichen, demokratischen Industrienationen praktisch für jeden besonders hapert:
Erkennen wir unsere Existenz als Naturwesen mit naturgegebenen Möglichkeiten überhaupt noch als lebenswert an? Nehmen wir dieses Leben nur noch an, wenn wir unsere Möglichkeiten gewaltig aufblasen und uns künstlich 'vergrößern'?

Nehmen wir doch mit gelassener Bescheidenheit Abschied vom Monströsen, Maßlosen – das in erster Linie den Geldanhäufungen dient, denen wir uns bisher so bereitwillig unterwarfen! Was ist das für ein Lebensentwurf? Jetzt bist du am Zug.


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Noch ein Nachwort, das dich etwas trainieren hilft, wenn es um die Tricksereien im Wirtschaftsleben geht: über die Kunst des Lügens. Wer beherrscht, der durchschaut sie eher. Wir müssten uns nur wach genug halten!

Die folgenden 10 Regeln zur Kunst des Lügens sind in der NZZ vom 31. März 2001 in einem längeren Artikel über das Lügen aufgelistet worden.
Der Nachabdruck erscheint mit Bewilligung des Verlages. Ehrenwort!

Quelle: NZZ vom 31 März, 2001, Autor: Birgitt Weidt

1. Eignung
Nicht jeder ist zur Lüge geboren. Wer grosse Angst hat, erwischt zu werden, sollte es bleiben lassen. Lügen klappt nur mit Leichtigkeit und Souveränität.
2. Unterschied
Lüge und Betrug, sind zwei grundverschiedene Dinge. So ist eine Ausrede fürs Zuspätkommen in Ordnung. Jedoch unter falschen Versprechungen Geld pumpen und es absichtlich nicht zurückzahlen ist Gaunerei im höchsten Grade.
3. Einstellung
Die Lüge ist eine "Dienstleistung" die der andere einem "abkaufen" soll. Auch hier gilt: Der Kunde ist König - und man soIlte sein Gegenüber achten und mit Niveau behandeln. Wer sich ähnlich wie bei einer asiatischen Kampfsportart verhält und sich zumindest mental vor seinem Gegner verneigt, hat von Anfang an die besseren Veraussetzungen.
4. Qualifikation
Eine gute Lüge erfordert Phantasie, analytisches Denken, Kornbinationsgabe, strategische Planung. und ein gutes Gedächtnis. Während des eigentlichen Lügenaktes muss man sich unbedingt auf sein Gedächtnis verlassen können - denn man sollte sich sehr genau merken, was man gesagt hat, um sich nicht zu verhaspeln. Schauspielerisches Talent, atmosphärisches Feingefühl und Flexibilität sind nötig, weil es trotz perfekter Planung zu Unwägbarkeiten kommen kann. Entscheidungs- und Risikofreude sind mitzubringende und unabdingbare Eigenschaften.
5. Planung
Das Lügengebäude muss ein einfaches Grundmuster haben, darf nicht zu kompliziert sein. Die Strategie: "Wenn ich nicht mehr durchblicke, schnallt es der Betroffene erst recht nicht", geht schief. Leicht nachprüfbare Tatsachen müssen auch bei der Lüge kontrollierbare Tatsachen bleiben.
6. Positiver Ansatz
Die Unwahrheit muss auf ein glaubwürdiges Fundament gesetzt werden - wenn der Chef vom Zuspätkommenden hört, dass dieser unterwegs einen möglichen Kunden getroffen hat, ist er zufrieden.
7. Checkliste
Steht das Gerüst der Lüge, sollte alles noch einmal geprüft werden: Stimmen Ort und Zeit, sind mögliche Zeugen berücksichtigt? Kann iregendetwas das erfundene Gebäude zum Einsturz bringen? Die Risiken sollten realistisch eingeschätzt werden. Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht im Lügengeschäft.
8. Durchführung
Jetzt ist schauspielerisches Talent gefordert - nämlich glaubhafte Darbietung ohne Übertreibung. Ständige Erfolgskontrolle: Der Belogene muss beobachtet werden, um zu sehen, ob die Lüge wirkt. Lügengeschichten dürfen auf keinen Fall auswendig gelernt und mechanisch aufgesagt werden, das wirkt unglaubwürdig.
Nachbereitung
9. Auf keinen Fall mit seinen Lügen gegnüber Dritten prahlen! Wer weiss schon, wen er im Leben noch alles belügen muss! Der Routinier geniesst und schweigt.
10. Wenn es schiefgeht
Wer dennoch ertappt wird, sollte sich nicht durch Unwissenheit rechtfertigen. Sokrates bereits stellte fest, dass eine ungewollt gesagte Lüge weitaus schlimmer sei als eine mit Willen gesagte, weil er das Wissen über alles achtete. Unwissenheit aber auf das Schärfste verurteilte. Wenn es schiefging, dann bleibt nur noch - charmant und aufrichtig beichten.

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(Noch einmal Werbung: in der Natur um einen Samenverbreiter, der die Frucht isst und den Samen fortträgt - doch die Natur leistet etwas dafür. Sie spendet eine schöne, schmackhafte und nahrhafte Frucht als ihren Einsatz für ihr Bedürfnis nach Fortpflanzung. Hier wird nicht gelogen.)

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