26. Zwei Jahre ohne Ausbeutung von Tieren für das eigene Wohl - doch achtsam sowohl gegenüber Tieren als auch Pflanzen

26. Zwei Jahre ohne Ausbeutung von Tieren für das eigene Wohl - doch achtsam sowohl gegenüber Tieren als auch Pflanzen

Nach zwei Jahren 'tierfreiem' Leben (= Befreiung der Tiere von meinen Verwertungsinteressen) trage ich inzwischen dem hoch entwickelten pflanzlichen Leben, das uns nur viel fremder ist als tierisches, mehr Rechnung:
Auch Pflanzen haben, offiziell wissenschaftlich bewiesen, ein Seelenleben. Nicht nur Tiere können demnach leiden.

Ein pures Ersetzen von tierischer Kost durch pflanzliche als 'die' Lösung im Konflikt mit der Ausbeutung von Leben durch den Menschen greift folgerichtig zu kurz.

Der folgende Artikel behandelt meine Ernährungsentwicklung, meine Gedanken und Motivationen dazu. Es handelt sich um einen persönlichen Erfahrungsbericht mit Ausblick auf eine weitere Zukunft im Umgang mit dem, was wir essen und was dies für Pflanzen und Tiere bedeutet, wenn man sie wirklich wertschätzen will. 'Gerecht' werden können wir ihnen ohnehin nicht.

Positiver Nachdenkstoff für puristisch lebende Veganer, aber auch für bekennende Fleischesser!

13. 7. 2015

(Der Artikel wird illustriert mit einigen Bildern von meinem gerade beendeten Norwegen-Aufenthalt im dünn besiedelten Bergland ca. 200 km nordwestlich von Oslo)

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(Vorfrühling an meinem persönlichen Ort zum vertieften Einfühlen in diese Welt)

Vor 2 Jahren fasste ich den Entschluss, meine Ernährung 'tierfrei' zu gestalten, womit gemeint ist, die Tiere nicht mehr als 'Verfügungsmasse' für mein persönliches Wohl (für Fleisch, Tierhaut/Leder und tierische Produkte wie Milch/Eier) aufzufassen - 'vegan' heißt das heute übliche Wort für diese Lebensweise. Nach einem halben und nach einem Jahr verfasste ich dazu Zwischenberichte, die hier auf großes Interesse stießen und auch zu lebhaften Diskussionen führten.

Wenn ich dies heute fortführe, dann vor allem, weil sich meine Sichtweise auf das Thema weiter entwickelt hat, was auch in der Alltagspraxis Auswirkungen hat. Was hat sich geändert?

Schon in meinem vorletzten Beitrag ließ ich durchblicken, dass der heutige Veganismus in meinen Augen teilweise zu kurz denkt und dadurch zu teilweise falschen Schlüssen kommt. (Es sei hier aber auch gleich klar gesagt, dass ich über seine Existenz sehr froh bin.) Auch habe ich schon früher deutlich gemacht, dass es in besonderen Situationen anderen Menschen vermeidbare seelische Pein bereiten kann, wenn man seine 'andere' Ernährungsweise demonstrativ durchzieht.
Das kann zwar zu belebenden Gesprächen führen, doch meistens bewirkt es zumindest tendenziell ein Unwohlsein in Form einer gefühlten Missachtung bei denjenigen, die mit Liebe ein Gastmahl bereitet haben - ebenso bei denen, die sich unterschwellig als Fleischesser an den Pranger gestellt fühlen - nicht zuletzt durch ihre unbewusst gefühlte Mitverantwortung an den Auswüchsen 'moderner' Tierhaltung bei uns, die ja durch mediale Verbreitung allgemein bekannt sind. Die eigene Seele (zumindest im unbewussten Bereich) lässt sich auch durch den leckersten Fleischgenuss aus Massentierhaltung unter unwürdigen Lebens- und Sterbebedingungen nicht betrügen.

Diese erste Ausnahme habe ich im Einzelfall für wichtiger gehalten als den puren Veganismus:
(mein Anlass 1 zum Essen von Tierischem:) Ein Essen in z. B. festlicher Gemeinschaft ist vor allem auch gemeinschaftsbildend und dient vorrangig anderen Zwecken als der Demonstration eines besonderen, wenn auch durchaus wertvollen Lebensstils - wie hoch er auch immer ethisch motiviert sein mag. Dass man dies auch anders pointieren kann, ist mir bewusst - ich habe mich persönlich für diesen Weg entschieden und mache gute Erfahrungen damit.
Das ist kein Verrat an der Sache oder ein Beschwichtigungsverhalten, nur um nicht anzuecken. Das hat für mich vor allem mit gegenseitiger zwischenmenschlicher Achtung zu tun, die mich als Gast keine vermeidbaren 'Auffälligkeiten' im Essverhalten zeigen lässt, weil es bei diesen Zusammenkünften in der Hauptsache um soziale Kontakte und deren Pflege geht. Das muss nicht noch zusätzlich mit anderen Grundsatzthemen befrachtet werden. Wer dies anders sieht, der möge es auch auf seine Weise halten, ohne dass ich es verwerflich fände. Ich halte es aus eigenem Empfinden an dieser Stelle nur für weniger passend, was mich selbst betrifft.


Was hat sich in der Zwischenzeit bei mir in dieser Sache geändert? Wie wächst das 'tierfreie Leben' heran?

Für meinen Lebensalltag im Allgemeinen hat sich äußerlich nichts Wesentliches geändert:
Wovon ich in meinen frühen Berichten aus dem Sommer 2013 schrieb, dass ich es gerne esse und dass es mir sehr bekommt, ist auch weiterhin mein Ding in der Ernährung: viel rohes Gemüse und Obst, selbstgemachte Pestos, Nüsse (die selbst geknackt werden!) - dazu Wasser als absolutes Hauptgetränk und verschiedene Vollkornbrotsorten - mit Bevorzugung alter Kornarten anstatt modernem Hochertragsweizen (auch bio), wo dies verfügbar ist. Zumindest Dinkel ist inzwischen fast allgemein zu haben, dessen Kleber verträglicher ist.

Die selbst gekeimten Haferkörner, aus den ich mir rohe Müslis mit Obst zubereitete, habe ich inzwischen ersetzt:
Ich verfeinere eine rohköstliche Gertreidemischung aus geschrotetem Buchweizen, Amaranth und Hirse, die auch einen kleinen Anteil an grtockneten Früchten enthält, mit einer milden rohen Kakaozubereitung, Mandelmus sowie Kokosblütenzucker, übergieße das Ganze mit aufgebrühtem Wasser und lasse es ziehen, bevor es mit einer aromatischen, optisch ansprechend aussehenden Blütenzucker-Kräuter-Wurzelmischung bestreut wird (Sonnentor bietet auch eine Köstlichkeit mit getrockneten Blüten an).
Dafür lasse ich jede Tafel Schokolade stehen. Geschmacklich kommt dies übrigens einer guten Vollmilchschokolade nahe - eine Richtung, die mir persönlich immer näher stand als die Bitterschokoladen - ich tendiere immer wieder zum Süßen.
Der absolute Zucker- und Fettgehalt hält sich dabei in Grenzen; einen verwässerten Geschmack gibt es überhaupt nicht. Reismilch oder Hafermilch sind absolut überflüssig
.
Wildkräuter esse ich nur im Vorbeigehen auf Wanderschaft; ansonsten begnüge ich mit einer regelmäßig zu mir genommenen, extrem würzigen Bitterkräutermischung, die ich über das Internet beziehe: 'Schwarzer Rumburak' von Sachsenkräuter.

Soweit die kulinarischen Neuigkeiten, die ja immer wieder Abwechslung in den Essenfahrplan bringen.


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(Der Schritt aus dem Herrschaftsbereich des Menschen ist hier immer recht klein.)

Eine erste Ausnahme vom puren Veganismus für meine Alltagspraxis ist bereits aufgezeigt; es wird eine zweite und eine dritte folgen.
Alle bewussten Ausnahmen ändern nichts an meiner tiefen Motivation, dass Tiere nicht wegen meiner Ernährung unnötig leiden sollen, dass sie nicht für meine Zwecke ausgebeutet werden sollen - schon gar nicht in Massen-Gefangenschaft und Massenhinrichtungen.

Für alle Puristen bin ich ohnehin kein Veganer; ich bezeichne mich auch nicht als einen solchen, obwohl meine Nahrung zu mehr als 95 % pflanzlicher Herkunft ist. Ich grenze mich deswegen sprachlich ab, weil diese Richtung eben in meinen Augen in einem nicht unwesentlichen Punkt einen etwas kurzsichtigen Standpunkt vertritt, obwohl der Veganer konsequent vegetarisch lebt - und Konsequenz ist in dieser Sache durchaus erst einmal sehr erfreulich.
Ich will an dieser Stelle deshalb auch zuvorderst betonen, dass ich unendlich dankbar für das Aufkommen des Veganismus bin, weil er sehr dabei hilft, das Leben auf diesem Planeten friedlicher und ökologisch wirklich funktionierender zu gestalten. Also alle, die sich als Veganer verstehen: Ich will hier niemanden und ebenso keine persönlichen Überzeugungen angreifen, sondern bin in der Sache ganz nahe bei euch - vor allem im Herzen!

Jetzt folgt mein 'Aber':
Wenn wir den Tieren Gefangenschaft, Folter und Massenhinrichtungen ersparen wollen, dann haben wir uns als Alternative in der Ernährung mit den Pflanzen dennoch Lebewesen ausgesucht. Wenn wir nicht von Luft und Wasser alleine leben können oder wollen, dann bleibt uns auch gar nichts anderes übrig als uns (neben Wasser als unserem zweiten Haupt-Lebensmittel neben der Atemluft als dem ersten) von Lebewesen zu ernähren.

Wie steht es aber mit dem Lebewesen 'Pflanze'? Wird die nicht auch massenhaft und meist in Monokulturen angebaut und zur Ernte in der Regel 'hingerichtet', lange ehe sich deren natürliches Leben vollendet hat?
Dies gilt nicht bei Obst, das als Früchte geerntet wird, ohne der Pflanze existenziellen Schaden zuzufügen. Für eine gesunde Vermehrung wird bei ökologischen Obstbauern bewusst gesorgt. Das Gleiche gilt für Nüsse und Früchte von Gräsern wie z. B. unsere Getreidearten. Ganz anders bei Kohl, Salat und Wurzelgemüsen, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Hier muss die ganze Pflanze vorzeitig für unsere Ernährung sterben - lange vor dem Ende ihres eigentlichen Lebenszyklus'.

Eine mögliche Antwort auf diese Frage geben dienigen, die im eigenen Garten eine Pflückwirtschaft treiben - wie auch ich bei Schnittlauch, Bärlauch, Ranunkeln, Zitronenmelisse oder Pfefferminze. Da werden immer nur Pflanzenteile genommen und die Pflanze kann mit dieser begrenzten Schädigung weiter leben.
Ein weiterer Punkt ist die Überwindung von Monokulturen: Leben die Pflanzen in der Natur nicht auch in Gesellschaften unterschiedlicher Arten wie wir Menschen im Zusammenleben auch? Da kommen unterschiedlichste Qualitäten zusammen, die sich in Gemeinschaften organisieren und ergänzen zu einem funktionierenden Ganzen, das in der Ökologie 'Biotop' genannt wird.
Diese Wirtschaft lässt sich in der eigenen Ernährung mit Rohkost im Alltag mehr oder weniger für alle umsetzen, auch wenn die zur Verfügung stehende Wirtschaftsfläche sich in Stadtwohnungen meist auf Balkon und Zimmerblumentöpfe begrenzt. Ein Kleingarten, Teilnahme an Gemeinschaftsprojekten oder Übernahme einer Patenschaft für eine kleine Landwirtschaftsfläche, wie sie von vielen Ökobauern angeboten wird, verfielfältigen bei Interesse und Nutzung die eigenen Möglichkeiten.

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(Jeder Anstieg kostet Mühen, doch lohnen dabei die Ausblicke - hinunter geht es sehr viel müheloser, schneller und die Konzentration darauf verengt den Blick stark.)


Doch wie steht es mit dem Leiden der Pflanzen, das man in Analogie zum menschlichen Empfinden für die Tiere in der Regel völlig außer Acht lässt? Machen die sich nichts aus massenhaften Monokulturen und aus vorzeitiger 'Abschlachtung'?
Man muss nur zum Thema Gefühlsleben von Pflanzen googeln, um zu dieser Frage überraschende Antworten zu erhalten, für die es auch weiter führende wissenschaftliche Literatur im Angebot gibt - also nichts Esoterisches, sondern offiziell Belegtes und Anerkanntes, was nicht als abgedreht oder 'spinnert' abgetan werden könnte. Es ist erstaunlich, dass dies im Allgemeinen nur kaum bekannt ist. Ich will das Ergebnis meiner Gadanken und Nachforschungen wie auch eigener früherer Erfahrungen nur kurz darstellen.

Es ist unzweifelbar, dass auch Pflanzen eine Art Seelenleben haben, auch wenn sie uns als Lebensform weitaus fremder sind als Tiere. Sie können miteinander kommunizieren, sie können in Notlagen ihren Stoffwechsel verändern und sie reagieren auf menschliche Absichten, wobei noch unerforscht ist, auf welche Weise sie diese wahrnehmen können. Es gibt tatsächlich so etwas wie Angst- und Notreaktionen von Pflanzen. Damit besteht auch keine Grundlage mehr dafür, ihnen so etwas wie eine Leidensfähigkeit abzusprechen. Dass positive Zuwendung für ein besonders gutes Pflanzenwachstum sorgt, das das Gewöhnliche deutlich übersteigt, hat schon jeder selbst erfahren, der im Zimmer, auf dem Balkon oder im Garten selbst liebevoll Pflanzen begleitet hat.

Aus alledem folgt unmittelbar der Schluss, dass Pflanzen als Lebewesen mit der gleichen Achtsamkeit und Wertschätzung behandelt werden sollten, wenn wir sie für unsere Zwecke anbauen. Es ist zumindest nicht abwegig, diesen Gedanken einmal weiterzuspielen, wie es mir im letzten Jahr persönlich erging. Ich kann nicht einmal behaupten, dass ich dies mit Macht und sehr bewusst vorangetrieben hätte. Es geschah langsam, aber unaufhaltsam.


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(Auf dem Boden finden sich unvermittelt kleine Schätze...)


Aus dieser neuen Konstellation klärte sich meine eigene Motivation zur tierfreien Ernährung deutlicher: Es ging mir grundlegend nicht darum, Tierfleisch als Nahrung für ethisch schlecht oder als ungesund zu verteufeln. Vielmehr ging es mir im Grunde darum, dass Tiere nicht in Gefangenschaft gehalten werden, wo sie sich nicht ihrer Art gemäß entwickeln können - von den Leiden in einer modernen Tierfabrik ganz zu schweigen. Alles dies ist eine Art von Ausbeutung, die jeder für sich selbst grundsätzlich ablehnen würde.

Es wird aber aus dem Zuvor Ausgeführten ebenso unmittelbar klar, dass ein 1:1-Ersatz von Tieren und deren Produkten durch Pflanzen als Problemlösung nicht funktioniert, wenn man auf die Bedürfnisse von Lebewesen achten und auch ihr seelisches Wohlergehen berücksichtigen will:
Sehr gut an diesem Ansatz, nichts vom Tier verwenden zu wollen, ist die Entlastung der Welt von Massentierhaltung und allen damit verbundenen ökologischen Schieflagen wie z. B. Grundwasserbelastung durch Überdüngung, Landgrabbing und Regenwaldabholzung zum Zwecke des Sojaanbaus, Verschmutzung der Atmosphäre durch Landwirtschaftsmaschinen sowie Methan, unwürdige Arbeitsbedingungen in Schlachthöfen und nicht zuletzt auch Tierleben, das zumindest teilweise mehr an Konzentrationslager oder Kriegsgefangenenlager erinnern als an ein intaktes traditionelles Landleben, wie uns die Werbung immer wieder einzuhämmern versucht.
Wer vor allem an das Wohl der 'hoch entwickelten' Tiere denkt, der sollte dies ebenso bei den Pflanzen tun, die die gleiche Achtsamkeit verdient haben. Man spricht ihnen das Recht darauf in der Öffentlichkeit eben nur noch nicht zu, weil man ihnen als 'minderentwickelt' ein Seelenleben und damit Wohlergehen und Leidensfähigkeit ohne wirkliche Grundlage einfach nicht zugesteht.
Wohl bin ich davon überzeugt, dass jeder Pflanzenfreund und ebenso zahlreiche Landwirte verschiedenster Richtungen - vor allem in der Kräuterkultur - längst eine pflanzenfreundliche Kultur betreiben. So neu und umwälzend sind meine Gedanken denn doch nicht. Sie leben mit ihren Gewächsen und betrachten sie nicht nur als freie Verfügungsmasse für ihren eigenen Nutzen.

Zurück zu den Tieren, die nun nicht mehr als Nahrungsgrundlage vollständig ausgeschlossen werden können, wenn ethische Motive zugrunde gelegt werden:
Ein geangelter Wildfisch z. B. oder ein geschossenes Wildtier hat eine 'Verengung' im eigenen Dasein, wie sie beim Aufwachsen in Gefangenschaft mehr oder weniger immer besteht, nie erfahren müssen. Bis zu seinem plötzlichen Ende konnte es in Freiheit seine Möglichkeiten entsprechend seiner Art in vollem Umfang entwickeln. Es hatte insofern ein würdevolles und 'reiches' Leben.
Insofern habe ich zunehmend meine grundsätzliche Ablehnung dieser traditionellen Art von Fleischgewinnung aufgegeben. Gejagt wurde und wird auch im Tierreich, ebenso bei unseren Vorfahren. Das 'Argument', wir seien heute aber höher entwickelte und zivilisierte Menschen, wäre an dieser Stelle eine reine Leerformel oder ein Zeichen von Ausblendung dessen, was für Ungeheuerlichkeiten im Namen unserer Zivilisation Menschen, Tieren, Pflanzen und auch der 'unbelebten' Natur angetan wird.

Folgerichtig erscheint hier (mein Anlass 2 zum Essen von Tierischem:) Meine Bereitschaft, von Auge zu Auge erlegtes Wild (geangelt oder geschossen) im Einzelfall zu essen - nicht nur als 'Notlösung', sondern auch als 'vollwertiger' Ausnahmefall, freut besonders den Teil meiner eigenen Familie, der weiterhin Fleisch isst. Zu seltenen besonderen Anlässen lässt es sich bei uns jetzt leicht darauf einigen, solch edles Fleisch als Festtagsbraten auf die Tafel zu bringen. Die Besorgung ist natürlich nicht im Supermarkt und nicht zu Schleuderpreisen möglich - doch spielt das auf einem Fest wirklich eine Rolle? Liegt es nicht nahe, gerade dann großzügig auch in Richtung auf die 'Lieferanten' zu sein?


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(traditionelle Almwirtschaft in klimatisch ungünstiger Lage - nur Holz- und Graswirtschaft möglich)

So hat sich bei mir diese zweite, nicht tierfreie Ausnahme, die wie die erste bereits eine Art von Regel darstellt, ausgebildet. Sie wird den Tieren allemal gerechter als jede Form der Haltung in Gefangenschaft. Doch will ich daraus keinen Absolutheitsanspruch gegenüber denjenigen ableiten, die eine achtsame Tierhaltung wie z. B. auf einem Demeter-Betrieb für wertvoll halten. Auch da kann mein Herz noch eine Art von Miteinander von Mensch und Tier ausmachen. Ich will dies nicht einmal dem Landwirt im Allgemeinen absprechen, der ein liebevolles Verhalten im Umgang zu seinen 'Nutztieren' pflegt. Ich persönlich habe die Grenze für mich jedoch deutlich enger gezogen.
Das sollte jeder ganz für sich selbst entscheiden dürfen und sich anderen gegenüber dafür nicht rechtfertigen müssen.
Ich rufe für mich selbst hier in Erinnerung: Habe ich nicht selbst 62 Jahre lang Fleisch und tierische Produkte in meinem Alltag ganz selbstverständlich und in den heute üblichen, in dieser Weise global untragbaren Mengen genossen - wenn auch mit der auf 'bio' gerichteten Entwicklung in den vergangenen 15 Jahren?

Ich will achtsam mit der Welt umgehen und mit den Lebewesen, mit denen wir diese teilen.
Wenn Natur, Pflanzen und Tiere ihre Faszination, Schönheit und Würde behalten sollen, die wir für uns ja auch gerne in Anspruch nehmen, dann hat das Folgen für das, was wir mit ihnen machen können und was nicht
.
Ich persönlich bin kein Freund 'harter' Grenzen und vom gegenseitigen Ausspielen von Positionen bzw. Interessen. Wenn jemand mit seinem Herzen wirklich 'ja' sagt zu dem, was er tut und sich dabei nicht irgendwelchen (meist kommerziell motivierten und geförderten) Illusionen hergibt, dann kann das so falsch grundsätzlich erst einmal nicht sein:
Wir lernen alle und bilden demzufolge in unserer Entwicklung die Antennen für bestimmte Dinge erst nach und nach aus. Also kann ich nicht erwarten, dass andere die Dinge auch so sehen wie ich - Fehlanzeige.

Ich schenke den Pflanzen heute mehr Aufmerksamkeit als früher, wenn ich sie verzehren will. Das geht ebenso wenig mit absoluter Selbstverständlichkeit wie bei den Tieren. Wir sind verblendet, wenn wir uns einbilden, wir hätten fraglos die freie Verfügungsgewalt über sie.

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(frei laufende Schafe in Almgelände, in dem es auch Einfriedungen gibt)

Die im norwegischen Hochland jetzt frei herumziehenden Schafgruppen machen jedem vor, wie Achtsamkeit gegenüber Pflanzen aussehen kann: Sie rupfen sich dort Grashalme, sie knabbern dort ein paar frische Kieferntriebe. Sie sind vielseitig in ihrer Pflanzenwahl und nehmen von allem nur etwas. Den Dünger für die Pflanzen lassen sie auch gleich an den Orten, an denen sie sich aufhalten. Sie geben auch etwas zurück. Sie zerstören nicht, sondern wählen sparsam und behutsam.

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(frei laufende Schafgruppe an meinem 'Basislager')

Was das für Konsequenzen in der Zukunft mit sich bringt, kann ich heute noch nicht überblicken. Doch Veganer kommen nicht umhin, auch dieser Lebensform ein Seelenleben und so etwas wie Freud und Leid nicht mehr grundsätzlich abzusprechen. Die Pflanze ist kein Eins-zu-Eins-Ersatz für Tierisches in unserer Ernährung. Auch da will die Haltung und die Tötung zumindest bedacht und ihr nachgespürt werden.
Ich stehe damit noch in einem ziemlich frühen Stadium und bin gespannt, ob Leser meines Artikels hier schon vertiefte Erfahrungen sammeln konnten.

Ich für meinen Teil nehme aus meinem gerade abgeschlossenen Urlaub noch einige Erkenntnisse, Einsichten und Erfahrungen mit, die so bisher nicht möglich waren:
Die Menschen im norwegischen Hochgebirge haben nur wenige Erwerbsquellen, wenn sie sich nicht in Betrieben in den größeren Orten im Tal verdingen wollen. Das sind Graswirtschaft/Weidewirtschaft sowie der Tourismus
(hier fast ausschließlich Inlandstourismus mit Camping oder noch mehr Hütten). Wasser und Energie sind in der Hand größerer Unternehmen; dies gilt auch für Straßenbau und -unterhaltung.
Will ich als deren Gast etwas tun, was die Unabhängigkeit dieser Menschen in einer solchen Region fördert, dann kann ich Dinge kaufen, die hauptsächlich aus deren eigener Arbeitsleistung resultieren.


Daraus folgte (mein Anlass 3 zum Essen von Tierischem:) Ich habe erstmals Elchsalami aus der unmittelbaren Umgebung erstanden, die auf privater Jagd und privatem Verkauf basiert. Sie wird über Monate im Winter im Freien getrocknet und ist auch ohne Kühlung mehr als ein Jahr lang haltbar. Ebenso lernte ich luftgetrockneten Lammschinken kennen, der von Tieren stammt, die dort weitgehend in Freiheit aufwuchsen (sie liefen ab Mitte Juni auch auf meinem Basisgelände herum) und der auf gleiche Weise sehr lange gelagert werden kann. Geschmacklich ist beides ein intensives Erlebnis - eine Besonderheit dieser Gegend und ein Resultat jahrhundertealter Tradition.
Also noch eine dritte, wunderschöne Ausnahme in einer Ernährung, die sowohl Tiere als auch Pflanzen achtet. Nicht das eine oder das andere und auch nicht 'irgendwie'. Was es bei uns im Allgemeinen so unerträglich macht, ist die mangelnde Wertschätzung, die Massenerzeugung, der Billig-Wahn und die damit verbundene Abstumpfung der Gefühle.

Abschließend frage ich hier danach, was das denn mengenmäßig und im Verhältnis zueinander (Pflanzennahrung/Tierische Nahrung) in der Praxis und im Laufe eines Jahres bedeutet. Das setze ich in Relation zu dem, was heute in Deutschland als durchschnittlich als Jahresverzehr gilt (den Bereich der tierischen Produkte wie Leder, Wolle etc. lasse ich dabei der Einfachheit halber außen vor):

60 kg Fleisch und Wurst, 93 kg Frischmilcherzeugnisse, 50 kg Sahne, Butter, Käse, Trockenmilch und Dauermilch, 14 kg Fisch. Das sind zusammen 217 kg pro Jahr oder 595 Gramm pro Tag an Tierfleisch, Wurstwaren oder anderen tierischen Produkten.
Wie sieht das bei mir aus, nachdem sich eine entsprechende Alltagspraxis ausgebildet hat? Mit einer großzügigen Schwankungsbreite von 100% und einer Häufigkeit schwankend zwischen einmal in einer Woche bis einmal alle vier Wochen komme ich auf 5 - 10 kg tierischer Nahrung aller Art im Jahr oder pro Tag 13,5 - 27 Gramm.
In Relation zu dem landesüblichen Durchschnitt komme ich mit 1,15 - 2,3% der allgemein verzehrten tierischen Produkte aus. Das kommt übrigens dem durchschnttlichen Konsum in Indien und Bangladesh mit 4 kg pro Jahr schon recht nahe, ohne dass ich mich deswegen als mangelernährt empfinde.
Handelt es sich nicht um Ausnahmen der Sorte 1 (s. o.), dann stelle ich die beschriebenen hohen Ansprüche an die Qualität, aus der das Fleisch resultiert. Damit sind keinesfalls nur die messbaren Inhaltsstoffe gemeint (s. o.).
Bei einem Gesamtverzehr von etwa 2,5 kg pro Tag, was in der Masse für einen 'Pflanzenfresser' nicht besonders viel darstellt, beträgt mein tierischer Anteil in der Nahrung 0,5 - 1%.

Was hier zunächst nach statistischen Zahlenspielen aussehen mag, soll an dieser Stelle vor allem eines ausmalen, was in der Welt von je her eine Selbstverständlichkeit darstellt:

Die Pflanzen stellen im Naturreich massemäßig den Löwenanteil. Tiere gibt es in der Gesamtmasse weitaus weniger; man darf sie in dieser Beziehung getrost als den weitaus kleineren 'Zweitanteil' nennen.

Daraus leitet sich ein einfacher Ernährungsgrundsatz ab, wenn unsere Ernährung weltweit auf ökologischen Grundlagen dauerhaft funktionieren können soll:
Die Pflanze ist der Regelfall in der Ernährung; das Tier stellt den Ausnahmefall dar.

Jedem sei in eigener Verantwortung überlassen, wie er diesen Grundsatz interpretiert.
Es ergeben sich daraus für den urbanen Durchschnittsmenschen unserer Tage automatisch maximal wenige Prozent tierischen Anteils an der eigenen Nahrung - eine Minderung um mindestens 90% des heute Üblichen.

Das bedeutet auch: Jeder hat sich für ein Gelingen solchen Vorhabens gegen unsere das Gegenteil behauptende Werbung zu immunisieren.

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(an einem wunderschönen Badeplatz in Gesellschaft mit Forellen, die ich nicht angeln musste)


An dieser Stelle für daran Interessierte eine vorläufige Zusammenfassung, die ebenfalls ältere Einsichten einbezieht:

1. Vor meiner 'tierfreien' Zeit habe ich mich schongrundsätzlich von ökologisch produzierter Kost ernährt. Ausnahmen hat es gegeben und wird es immer geben. Die praktische Auswirkung liegt in dem eigenen guten Bewusstsein, anderen Menschen mit den eigenen Kaufentscheidungen den Auftrag für ein umweltschonendes Wirtschaften zu erteilen und den dafür notwendigen höheren Preis gerne zu zahlen - auch wenn man als 'Konsument' damit sicher andere angenehme Gelegenheiten verpassen muss, die aber in der Regel ökologisch zweifelfaft sind - sowohl in Bezug auf mich selbst wie auch auf das Wohl von Mitmenschen und Mitwelt.
2. Auch noch davor liegt eine Hinwendung zum Unverarbeiteten und Unverpackten. Die praktischen Folgen liegen hier einerseits in der Müllvermeidung, andererseits in dem Vorteil, eine Nahrung zu mir zu nehmen, die meinen evolutionären Voraussetzungen näher kommt als jede Kochkost. Meiner Gesundheit wird sie folglich auch eher zuträglich sein - zumindest im Grundsatz.
3. Es folgte die Entscheidung zum tierfreien Leben, auch wenn ich hier in der Regel immer nur von Ernährung gesprochen habe. Die Konsequenzen ersparen allen Tieren dieser Welt das Leid, in Gefangenschaft ihre natürlichen Anlagen nur rudimentär entwickeln zu können und nicht als das leben zu können, was ihnen ihre natürlichen Anlagen vorgeben. Übertragen auf uns Menschen lässt sich leicht ausmalen, wie sehr wir unter einem Leben in Gefangenschaft (wenn auch von Geburt an) leiden müssten - möglicherweise nicht einmal genau wissend, was uns im Grunde wirklich fehlt. Doch das entschuldigt nichts.
4. Tierfreies Leben bewirkt unbeabsichtigt im Bereich besonderer sozialer Zusammenkünfte mitunter Irritationen, seelische Spannungen und Enttäuschungen, die sich durch gezielte Ausnahmen von der eigenen Regel vermeiden lassen. Das ist kein Verrat an der Sache, weil es im Alltag auswirkungslos bleibt. Es erspart nur vermeidbare Irritationen, Spannungen und Enttäuschungen, die an diesen Orten wenig passen. Fleisch ist schließlich nicht von Natur aus ungesund - das wird es erst bei dem heute üblichen maßlosen Verzehr, für den es keinerlei ökologische Grundlage gibt - weder körperlich bei uns noch in unserer gesamten Welt.
5. Es folgte meine Hinwendung zur Pflanzenwelt, um sie in Bezug als eigene Nahrungsgrundlage auf deren Bedingungen hin zu durchleuchten. Heraus kam, dass Pflanzen wie Tiere über ein wie auch immer geartetes Seelenleben verfügen und auch Kommunikation mit Artgenossen führen. Ist das nicht erstaunlich? Die Evolution hat nicht nur bei Tieren, sondern auch bei Pflanzen Vergesellschaftungen und eine kommunikative Intelligenz entstehen lassen, die das Überleben von Mitgeschöpfen sichern hilft! Das hat vor allem zwei praktische Auswirkungen: Zum einen muss auch für die Pflanzenzucht die Forderung eines artgerechten Aufwachsens gelten; Massenzucht in Monokulturen kommt da nicht in Frage - ebenso wie Tierfabriken bei der so genannten 'Nutztierhaltung', die ja auch den Tieren Wesenhaftigkeit und ein Seelenleben abspricht. Für die Pflanzenwelt gilt dies noch allgemein. Zum zweiten tritt dabei ganz klar hervor, dass das pure Ersetzen tierischer Kost durch pflanzliche das Grundproblem jeder Art von Landwirtschaft und den Umgang mit Pflanze und Tier nicht wirklich löst. Landwirtschaft ist eben die arbeitsteilige, 'outgesourcte' Form von Selbstversorgung, die für den Städter heute meist die Regel darstellt. Darum habe ich an diesem Punkte den logischen Umkehrschluss gezogen, dass tierische Kost (solange sie aus Wildfang kommt und nur in seltenen Ausnahmefällen gegessen wird, weil das Tier nun einmal die Ausnahme in unserer massemäßig pflanzlich dominierten Erdoberfläche darstellt) ebenso passend wie auch wertvoll ist wie die ansonsten täglich genossene Pflanzenkost. Nur alles Industrielle z. B. auch Fisch aus Trawlerfang bleibt dabei tabu: Hier überwiegt die zusätzlich schwere Schädigung an Fischbeständen und Meeresboden durch diese Art von Fischfang. Für die genossene Pflanzenkost gilt die höchste Qualität wie bei Tieren für den Wildwuchs. Bei Nutzung von bäuerlichen Strukturen hat die Mischkultur den Vorzug zu bekommen, was allerdings arbeitsintensiver und deutlich teurer ist. Für einen Städter ergibt sich daraus die Konsequenz zum Eigenanbau je nach Möglichkeit und eine bewusste Hinwendung wie auch Einarbeitung in diesen Bereich. Bio ist aber absoluter Mindeststandard.


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(Begrüßung durch die Sonne kurz nach vier in der Frühe)

Wer hier mit dem beliebten Totschlag-Argument antworten möchte, das könnten sich doch nur die finanziell sehr gut Gestellten leisten, dem muss ich zweierlei entgegen halten:
a )Im Selbstversuch komme ich je nach gekauftem Qualitätsstandard im Eigenbedarf mit 200 bis 400 Euro monatlich aus.
b) Ein hoher Anteil der Ausgaben, die bei geringerer finanzieller Decke getätigt werden, liegt in der Regel im Bereich gerade der ökologisch bedenklichen Ausgaben: für intensives multimediales Leben, für Unterhaltung, Konsum, Pauschalurlaub, Automobil.
Bei entsprechend anderer Ausrichtung würde nur wie bei mir selbst ein höherer Anteil des Einkommens für Ernährung ausgegeben - eine ausgezeichnete Investition in die eigene Gesundheit im Körperlichen wie auch Geistig-Seelischen.
Es ist eine Frage der Schwerpunktsetzung: Erwarte ich mein Heil eher aus kommerziellen Angeboten, die zu Schleuderpreisen allerorten angeboten werden, die mir mit minimalem Aufwand jederzeit zur Verfügung stehen und wo ich besser nicht nachfrage, mit welchen 'Kollateralschäden' diese Angebote erst möglich wurden - oder leiste ich einen größeren Eigeneinsatz, um wirklich Notwendiges und qualitativ Hochwertiges in mein Leben zu holen/bekommen? Das ist der eigentliche Knackpunkt und die eigentliche Entscheidungsgrundlage, auf die es hier ankommt. Da ist dann ein Leben weitgehend 'auf Autopilot geschaltet' und mit 'delegierter Verantwortung' wohl nicht mehr möglich. Der Mehreinsatz wird allerdings durch zufriedenstellendere Lebensresultate und auch sicher einen interessanteren wie auch abwechslungsreicheren (also weniger langweiligen und grauen) Alltag belohnt. Eine Garantie gegen Fehlentscheidungen und Scheitern gibt es dabei allerdings auch nicht. Es bleibt in jedem Falle spannend.
Dafür setze ich mich ein und darum stelle ich auch diese Blogartikel hier ein.

Die Entscheidung überlasse ich jedem selbst und enthalte mich auch jeden moralischen Urteils. Aus eigener Erfahrung kann ich nur für diesen 'selbstbelohnenden' Kurs werben, indem ich von ihm berichte.

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(Abschied im Morgengrauen)

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